Plötzlicher Herztod
1997 ereigneten sich in Deutschland 250.000 bis 300.000 Herzinfarkte. Davon starben 30 bis 40 %, also rund 100.000 Menschen am plötzlichen Herztod. Das sind 350 Menschen täglich, d.h. alle 5 Minuten stirbt in Deutschland ein Patient am Herzinfarkt! Die Dimension wird erkennbar, wenn man die Zahl der Verkehrstoten nach Verkehrsunfällen mit nur 8150 gegenüberstellt.
Häufigste Ursache für den Herzinfarkt ist ein Verschluss der Herzkranzarterien (coronare Herzkrankheit). Besonders gefährlich im weiteren Verlauf sind die ersten Minuten und Stunden nach dem Infarktereignis. Bei einem guten Drittel der Infarktpatienten ereignet sich als schwerwiegende Komplikation das Kammerflimmern, d.h. eine ungeordnete Herzaktion, die ohne geeignete Behandlungsmaßnahme, nämlich den Elektroschock, zum Tode führt. So stellt das Kammerflimmern zu 95 % die häufigste Ursache des plötzlichen Herztodes dar. (Die anderen 5 % entfallen auf eher seltene tödliche Komplikationen nach dem Herzinfarkt, wie z.B. der Herzmuskelriss mit Herzbeuteltamponade.)
Auch ist zu berücksichtigen, dass das Kammerflimmern nicht nur als tödliche Komplikation bei Herzinfarkten auftritt, sondern auch im Verlauf eines jeden Schockzustandes oder auch durcheinen elektrischen Stromschlag oder bei der Entgleisung der Elektrolyte usw. auftreten kann.
Wie sieht in diesem Fall in Deutschland die Hilfe durch die Rettungsdienste aus?
In einer Großstadt wie München beträgt die Zeitspanne von der Alarmierung des Rettungsdienstes bis zum Eintreffen des Notarztteams ca. 10 Minuten. An der Universität Bayreuth dauert dieser Vorgang erfahrungsgemäß 6-10 Minuten. In ländlichen Gebieten kann diese Zeitspanne erheblich länger sein.
Was passiert in der Zwischenzeit, bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes?
Ohne Hilfsmittel können die Laienhelfer lediglich die von ihnen im Erste-Hilfe-Kurs erlernte Herzdruckmassage (2:30) durchführen. In Deutschland beherrschen aber nur 25 % der Laien die Herzdruckmassage und sind in Erster Hilfe ausgebildet. Beim Kammerflimmern bewirkt die Herzdruckmassage lediglich eine Verzögerung des Todes um 1 bis 2 Minuten und ist somit keine effektive Maßnahme.
Einzige sinnvolle Hilfe stellt die Frühdefibrillation durch Elektroschock dar. Ohne diese Hilfe sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit mit jeder Minute um 10 %, d.h. sie liegt bei einer Zeitdauer von 10 Minuten bei 0 bis max. 5 %. Das bedeutet aber auch, dass durch den Zeitverlust bis zum Eintreffen des Notarztes, ohne Frühdefibrillation, so gut wie kein Herzpatient mit Kammerflimmern eine Überlebenschance hat.
In den USA wurde deshalb seit den 70er Jahren die Frühdefibrillation durch Laien (Feuerwehrleute, Polizisten, Mitarbeiter der Kommunen und Firmen) praktiziert. Dies zeigt beeindruckende Erfolge. Die Überlebenschance ließ sich mnit der Frühdefibrillation um 40-50 % steigern. Laut der American Heard Association könnten 9 von 10 Betroffenen mit dieser Methode überleben.
Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Frühdefibrillation beim Herz-Kreislauf-Stillstand angewendet wird, wenn also kein Puls mehr getastet werden kann. Der Geräteanwender kann ein Laie sein. Auch in Deutschland ist dies seit Anfang 1999 von der Bundesärztekammer zugelassen.
Wie funktioniert das Gerät?
Schnell und einfach. Das Gerät wiegt 3,2 kg und kann überall hin mitgenommen werden. Bei der Bedienung werden die Ersthelfer durch klare Bildschirmmeldungen, Sprachaufforderungen und beleuchtete Tasten angeleitet die entsprechenden schritte vorzunehmen. Das Gerät leitet das EKG ab und erkennt sicher das Kammerflimmern und kann dies von nicht defibrillationswürdigen Herzrythmusstörungen unterscheiden. Nur beim Vorliegen von Kammerflimmern stellt dieses Gerät automatisch die Defibrillationsenergie zur Verfügung. Nur dann kann der Laienersthelfer die Defibrillation auslösen.
Dr. med. Petra Pietschmann, Betriebsärztin der Universität Bayreuth